1. Die ersten Volkshochschulen in der Schweiz

Die Aus- und Weiterbildung von Erwachsenen war im 19. Jahrhundert und bis nach dem Ersten Weltkrieg Sache individuell organisierter Vereine: des Arbeiterbildungsvereins, kirchlicher Vereinigungen oder der Frauenvereine. Auch setzte sich die Schweizerische Gemeinnützige Gesellschaft für Formen von «Volksbildung» ein. Den Anstoss zur universitätsnahen Organisation dieser Art von Bildung gab eine Serie von Ereignissen im Jahr 1918. Der Erste Weltkrieg war zu Ende. Die Spanische Grippe kostete weltweit Millionen Menschenleben. Die sozialen Spannungen im Land entluden sich im «Landesstreik» vom November 1918 – mit Nachhall, zum Beispiel dem «Basler Generalstreik» im Sommer 1919. Wenn auch verschiedene Anliegen der Arbeiterschaft abgelehnt wurden, so leitete dieses Ereignis verschiedene Reformen im politischen System ein. [1]

Eine Reaktion auf die Unruhen von bürgerlicher Seite war die Gründung verschiedener VHS. Ziel war es, die Arbeiterinnen und Arbeiter näher an die universitäre Bildung heranzubringen – der «Universitätsausdehnungsgedanke» motivierte die Gründer der VHS. [2] Schon im Oktober 1919 starteten an der Universität Basel Volkshochschulkurse, im November eröffnete die Berner VHS, im Frühling 1920 diejenige in Zürich.

Vorbilder für die drei städtischen VHS gab es im Ausland bereits zahlreiche: In Grossbritannien war die Volksbildung in Form von «University Extensions» ab Ende 19. Jahrhundert organisiert, in Österreich gab es ähnliche Vortragsreihen an Universitäten. In Deutschland wurden 1919 auf einen Schlag 2000 VHS gegründet, von denen jedoch 1927 nur noch rund 10 Prozent Bestand hatten. [3] Diese Bildungsbewegung hatte in allen Ländern das Ziel, das Volk – im Sinne einer Nation – wieder «zu einer harmonischen Einheit zu fügen, zu gemeinsamem Handeln zu bewegen sowie den einzelnen Menschen zu erziehen und ihm seine menschliche Würde zurückzugeben». [4] Die Westschweiz, Kleinstädte, ländliche Regionen der Schweiz wurden erst rund ein Jahrzehnt später von dieser Bewegung erfasst.

Bild unten

Mitglieder der Leitung des Basler Generalstreiks im August 1919 steigen in ihr Auto. Am Streik beteiligten sich einige Hundert Arbeiter. Im Oktober 1919 entstand die VHS Basel, unter anderem als Reaktion auf diesen Streik. Quelle: Staatsarchiv Basel Stadt, Bild 13, 389

Genreralstreik in Basel, 1918
Die Bewegung der Volkshochschulen war stark von der Arbeiterbildungsbewegung inspiriert. Der Landesstreik trug wesentlich zur Idee bei, Bildung als Brücke zwischen den Klassen zu nutzen.

[1] Montanari Häusler 2011, S. 29–36.
[2] Montanari Häusler 2011, S. 36.
[3] Wittpoth 2013, S. 28; Montanari Häusler 2011, S. 34.
[4] Montanari Häusler 2011, S. 32.