VSV und die Bildungspolitik

Gesellschaft braucht Kultur

Als der Bund in den 1970er Jahren die Kulturpolitik neu formulierte, war klar, dass Erwachsenenbildung dazu gehörte. So hatte der Bericht Clottu, eine 1000 Seiten starke Analyse des Kultursystems Schweiz von 1975, es vorgeschlagen, so hatte das Parlament es übernommen.

Für Volkshochschulen und den VSV setzten die goldenen Jahre ein. Nicht, weil die Subventionen reichlich flossen (sie waren immer karg bemessen), sondern weil Erwachsenenbildung damit zu einer politischen Priorität wurde. Die 1970er Jahre sahen bekanntlich die Entstehung eines neuen Paradigmas: Jenes der Selbstverwirklichung. Jede und jeder sollte ihren bzw. seinen Lebensweg selbst wählen können. Dafür musste er oder sie über einen weiten kulturellen und politischen Horizont verfügen, eine ausgereifte Persönlichkeit darstellen. Das war der ursprüngliche Sinn von Erwachsenenbildung: Nicht mithalten in der Informatik, sondern die Welt verstehen und souverän darin agieren.

Davon sind wir heute weit entfernt. Aus Erwachsenenbildung wurde Weiterbildung, also Fortführung von bereits Erlerntem. Das Erlernte aber waren die beruflichen Qualifikationen. Aus einem Kultur- wurde ein Wirtschaftsprojekt: Jede und jeder ist dafür verantwortlich, Zeit seines Berufslebens seine Fähigkeiten neuen Erfordernissen – Automatisierung, Digitalisierung, Dienstleistungsorientierung – anzupassen. Der kulturelle Aspekt ging verloren.

Genau das ist es, was die Mission des Verbands der Schweizerischen Volkshochschulen VSV heute ausmacht: Dafür zu sorgen, dass es weiterhin ein Angebot an kultureller Allgemeinbildung gibt, und dass Persönlichkeitsbildung nicht als esoterisch diffamiert wird.

In dieser Rolle koordiniert sich der VSV mit den anderen Organisationen der Weiterbildung, allen voran dem Schweizerischen Verband für Weiterbildung SVEB (wo er traditionell im Vorstand vertreten ist), und setzt alle vier Jahre Schwerpunktprojekte in den Bereichen Sensibilisierung, Koordination im Bildungssystem und Qualitätsmanagement. Dafür wird er in geringem Masse vom Staatssekretariat für Bildung Forschung und Innovation unterstützt.

Die Volkshochschulen sind in dem, was sie tun, maximal frei. Jede hat ihre eigene Geschichte, ihre eigene Organisation und ein eigenes Angebotsprofil. Der VSV versucht, diese Vielfalt im Blick auf seine bildungspolitischen Ziele zu bündeln und zu motivieren. Denn eine Gesellschaft ohne Bewusstsein, was kulturelle Weiterbildung ist, hat schon verloren. Sie würde zum Arbeitslager.

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