Das Wort des Präsidenten an die Mitglieder

Liebe Mitglieder

Corona ist überall. Die Eindämmung des Virus bestimmt den Gang der Dinge in nahezu allen Lebensbereichen. Das öffentliche Leben steht weitgehend still, auch wenn uns der Frühling mit Macht hinauszieht. Vielerorts herrscht eine Stille, nach der man sich vielleicht vor kurzem gesehnt hätte, die jetzt aber zum Teil schwer auszuhalten ist.

Nach der Verordnung des Bundesrats vom 13. März brachen die Volkshochschulen ihre laufenden Kurse ab und schlossen den Bildungsbetrieb. Es drohte eine „Welt ohne Volkshochschulen“, wie Pius Knüsel schrieb. Dann begann etwas, das wohl niemand erwartete: Innert Tagen schwenkte eine Volkshochschule nach der anderen um und bot Lernen auf Distanz an. Kursleiterinnen und Kursleiter treffen sich neu mit ihren Lernenden über Zoom oder Microsoft Teams oder Jitsi Meet oder andere Kommunikationsmittel. Vorträge werden gefilmt und können live gestreamt werden. Was eine Volkshochschule selbst erarbeitet, stellt sie anderen zur Verfügung; dies funktioniert auch über die Landesgrenze hinweg. Und Corona führt laufend zu neuen Themen: naturwissenschaftlichen, zur Bedeutung der Statistik in der Epidemiologie, zu kulturwissen­schaftlichen Aspekten von Pandemien bis zur Erinnerung an grosse literarisch Werke dieses Ursprungs wie Boccacios „Decamerone“, Manzonis „Promessi sposi“ oder der „Pest“ von Camus.

Das vor der Krise oft beschworene Problem der Digitalisierung des Unterrichts ist plötzlich keines mehr. Wer die Technik beherrscht, unterstützt andere bei ihrer Anwendung. Wer Inhalte vermitteln will, lernt die Technik by doing. In no time, um im Slang zu bleiben, machten zahlreiche Volkshochschulen in der ganzen Schweiz einen Entwicklungsschritt, der ohne Not und Zwang wohl Jahre beansprucht hätte. Und immer werden es mehr.

Alles gut also? Mitnichten. Fernunterricht ist nicht das, was Volkshochschulen anstreben. In unserem Manifest „Bildung zur Vernunft“ betonen wir die Bedeutung des Analogen, der Geselligen, des Lernens als Austausch und einer Bildung, „die (wieder) den ganzen Menschen in den Blick nimmt und Kopf und Herz, Verstand und Charakter zusammendenkt“. Eine solche Bildung – und nur solche Bildung ist Bildung – braucht zwingend Begegnung. Fernunterricht ist ein probates Mittel für eine Zwischenzeit, kann eine nützliche Ergänzung sein – er ist auf Dauer kein Ersatz für den persönlichen Austausch, der immer auch Anteilnahme bedeutet.

Und – extrem bedrohlich – das Ausbleiben von Einnahmen bei weiterlaufenden Kosten gefährdet die Zukunft der Volkshochschulen. Manche können von den Hilfsmassnahmen des Bundesrats profitieren, Kurzarbeit beantragen und Kredite zur Sicherstellung der Liquidität in Anspruch nehmen. Für besondere Probleme suchen wir Lösungen. Eines davon besteht darin, dass bei einigen Volkshochschulen bis auf Weiteres ein nicht vorhersehbarer Arbeitsaufwand für die Mitarbeitenden besteht, da die Betriebe für die nahe Zukunft auf distance learning umgerüstet und weiterentwickelt werden müssen, damit sie ihre Kunden nicht verlieren. Sie retten aus dem Sommersemester, was zu retten ist, und müssen gleichzeitig den Winter vorbereiten und die verunsicherten Kunden bei der Stange behalten. Ideal wäre deshalb eine Lösung von Kurzarbeitsentschädigung, die den Bildungsanbietern neben der finanziellen Unterstützung erlaubt, ihre Mitarbeitenden den Arbeitsaufwand für die notwendige Weiterentwicklung leisten zu lassen.

Daran unter anderem arbeitet der Vorstand des VSV im Kontakt mit dem SBFI, dem SECO, dem SVEB und weiteren Amtsstellen. Was wir wissen und bewirken, veröffentlichen wir auf der Website www.up-vhs.ch. Es ist wichtig und nützlich, regelmässig hineinzuschauen. Weiter bereiten wir die Mitgliederversammlung vom 25. April auf Distanz via Zoom und Hazu vor. Wir freuen uns, dann mit Euch in Kontakt zu kommen.

In der Krise haben auch die Mitgliederbeiträge Bedeutung. Der Vorstand beantragt, Euch die Beiträge 2020 zu erlassen und Euch damit ein wenig zu entlasten.

Bis zur Mitgliederversammlung,
mit herzlichen Grüssen und allen guten Wünschen

Für den Vorstand VSV
Der Präsident

Christoph Reichenau

Der Brief zum Download